Montag, 30. März 2020

Gedicht des Tages





Friedrich Hölderlin
                               An die Nachtigall

Dir flüstert's leise - Nachtigall! dir allein,
   Dir, süße Tränenweckerin! sagt es nur
      Die Saite. - Stellas wehmutsvoller
         Seufzer - er raubte mein Herz - dein Kehlchen -

Es klagte - o! es klagte - wie Stella ists.
   Starr sah ich hin beim Seufzer, wie, als dein Lied
      Am liebevollsten schlug, am schönsten
         Aus der melodischen Kehle strömte.

Dann sah ich auf, sah bebend, ob Stellas Blick
   Mir lächle - ach! ich suche dich, Nachtigall!
      Und du verbirgst dich. - Wem, o Stella!
         Seufztest du? Sangest du mir, du süße?

Doch nein! doch nein! ich will es ja nicht, dein Lied,
   Von ferne will ich lauschen - o! singe dann!
      Die Seele schläft - und plötzlich schlägt die
         Brust mir empor zum erhabnen Lorbeer.

O Stella! sag es! sag es! - ich bebe nicht! -
   Es tötete die Wonne, geliebt zu sein,
      Den Schwärmer. - Aber tränend will ich
         Deinen beglückten Geliebten segnen.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Ludwig van Beethoven Sonate für Klavier (C-Dur) op. 53 Die im Jahre 1805 im Druck erschienene und dem Grafen Waldstein gewidmete  Klavi...